Speyer: Protestantische Opulenz

Die Dreifaltigkeitskirche ist ein Schmuckstück des evangelischen Barocks.

Der Dom täuscht. Speyer war nie eine brave katholische Bischofstadt, sondern schon immer eine selbstbewusste Handelsmetropole am Rhein. Bereits 1207 haben die Kaufleute den Fürstbischof gezwungen, alle wichtigen Ämter in der Stadt den Bürgern zu überlassen. 1294 wurde Speyer zur freien Reichsstadt. 1371 schließlich warfen die Bischöfe das Handtuch und verließen ihr aufmüpfiges Volk.

Die Exzellenzen übersiedelten erst nach Philippsburg, dann nach Bruchsal. Zurück blieben ein verwaister Dom und eine quirlige Stadt, die 1525 die Reformation einführte, fünf Reichstage organisierte und das Wort „Protestanten“ erfand. Ein Spaziergang zur Dreifaltigkeitskirche, einem der schönsten Gotteshäuser des evangelischen Barock. 

Die „Emporenlandschaft“ mit 1600 Plätzen ist spektakulär.

Das protestantische Herz von Speyer schlägt in der Himmelsgasse.

Das protestantische Herz von Speyer entdeckt man nicht auf den ersten Blick. Obwohl es mitten in der Stadt schlägt. Die Dreifaltigkeitkirche steht etwas abseits von der belebten Maximilianstraße in der Großen Himmelsgasse. Womit eigentlich schon alles gesagt ist. Denn sobald sich die Tür zu der eleganten spätbarocke Schönheit mit ihrer reichen Fassade öffnet, steht man mittendrin im Himmelreich. 

Das Sonnenlicht, das ungefiltert durch klares Glas in die weite Halle fällt, trifft auf eine spektakuläre Emporenlandschaft mit 1600 Sitzplätzen. Die Emporen sind so perfekt konstruiert, dass man von jedem Platz aus einen freien Blick auf die monumentale Kanzel und den Prediger hat. Lutherischer geht es nicht. Zumal die Brüstungen der Emporen auch noch mit einer wundervollen Bilderbibel geschmückt sind.

Neun Maler haben an den 74 biblischen Szenen in Öl gearbeitet. Die Holzdecke haben sie gleich noch mit ausgemalt.

Eine kunstvolle Bilderbibel schmückt ….

Die Reformation selbst war bereits 1521 nach Speyer gekommen. Das ist früh. Was aber nicht verwundert angesichts des zerrütteten Verhältnisses der Bürger zur katholischen Kirche. Kaum reformiert, avancierte Speyer auch schon zu einem Zentralort deutscher Geschichte: Mehr als 50 Hoftage fanden hier statt sowie fünf mehrwöchige Reichstage. 

Neun Maler haben an den 74 biblische Szene in Öl gearbeitet. Die gewölbte Holzdecke haben sie danach gleich auch noch ausgemalt. Der barocke Altar steht zwar klar im Schatten der gewaltigen Kanzel, bildet aber optisch eine Linie mit der Orgel. Musik spielt in der lutherischen Liturgie eine zentrale Rolle. Am 31. Oktober 1717, dem 200. Jahrestag der Reformation, wurde die Dreifaltigkeitskirche zu Speyer eingeweiht.

… die Brüstungen der Emporen.

Mit der „Protestaktion“ der fünf mächtigen evangelischen Fürsten gegen den Kaiser war der „Protestantismus“ geboren.

1529 schrieb die Stadt am Rhein sogar Weltgeschichte: Kaiser Karl V., Spanier und streng katholisch, hatte endgültig die Nase voll den „Umtrieben“ Martin Luthers. Beim Reichstag zu Speyer ließ er daher verkünden, Gottesdienste seien künftig wieder ausschließlich im katholischen Ritus zu feiern.

Die fünf mächtigen evangelischen Fürsten von Sachsen, Brandenburg, Braunschweig, Hessen und Anhalt waren nicht bereit, diesem Befehl Folge zu leisten. Sie verfassten eine offizielle „Protestation“ gegen die Anweisung des Kaisers. Das letzte und wirksamste Veto. Seither gilt Speyer als Geburtsstadt des „Protestantismus“.

Protestantischer Barock in seiner schönsten Form.

Die Pfalz besitzt noch heute keine „evangelische“ sondern eine „protestantische“ Landeskirche. Das ist einmalig in Deutschland. 

Der Katholizismus kehrte erst mit dem Bayernkönig Ludwig I. nach Speyer zurück.

Der Katholizismus kehrte mit den Bayern nach Speyer zurück. 1816 war die Stadt, die Napoleon völlig verwüstet hatte, an das Königreich Bayern gefallen. König Ludwig I., der ab 1825 regierte, verliebte sich glühend in die Pfalz.

Er ließ nicht nur den Dom wieder aufbauen, sondern installierte hier auch ein neues Bistum. Heute residieren die protestantische Kirchenpräsidentin und katholische Bischof einträchtig nebeneinander in Speyer am Rhein.

Kirchenfakten
Name: Dreifaltigkeitskirche
Adresse:
 Große Himmelsgasse 4, 67346 Speyer
Konfession: evangelisch
Baujahr: 1705/1717
Baustil: Barock
Kunstschätze: 
– Barocker Altar mit Abendmahlszene
– Kanzeldeckel mit goldenem Pelikan
– 74 Bildtafeln in Öl an den Emporenbrüstungen
– Vollständig bemalte Decke
Öffnungszeiten: Mittwoch, 10.30 bis 16 Uhr, Freitag: 13 Uhr bis 16 Uhr, Samstag: 10.30 bis 16 Uhr, Sonntag: 13 Uhr bis 16 Uhr
Kontakt: Protestantische Dreifaltigkeitskirchengemeinde, Holzmarkt, 67346 Speyer
Telefon: 06232-629958
E-Mail: christine.goelzer@evkirchepfalz.de
Internet: www.dreifaltigkeit-speyer.de

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