Worms: Die Bestien des Bischofs

Den Dom St. Peter bevölkern geheimnisvolle Fabelwesen.

Die Monster lauern überall. Heimtückisch, böse, allzeit bereit zum Sprung. Es gibt Höllenhunde mit gewaltigen Hauern. Seltsame Zwitterwesen mit dem Kopf eines Adlers und dem Körper eines Bären. Und Affen, die mit kaltem Blick in Fensternischen kauern. Wodurch sie noch lebendiger wirken.

Warum all diese Fabelwesen den Wormser Dom bevölkern, weiß niemand. Die Kathedrale ist eine der geheimnisvollsten Kirchen der Region. Und eine der spannendsten. Nirgendwo sonst verbinden sich Romanik, Gotik und Barock so nahtlos wie hier.

Der Rhein, das Klima und der gute Boden haben schon in der Steinzeit Menschen angezogen.

Er ist eine der bedeutendsten romanischen Kirchen Süddeutschlands.

Worms liegt nicht am Rhein. Zumindest die Altstadt nicht. Sie thront hochwassergeschützt auf einem Hügel, einen Kilometer vom Strom entfernt. Der Fluss, das Klima und der Boden haben schon in der Steinzeit Menschen angezogen.

Die Römer bauten hier ein Forum, auf dessen Grundmauern seit 614 eine Bischofskirche steht. Das ist rekordverdächtig früh. Worms konkurriert mit Augsburg, Trier und Kempten um Titel „älteste Stadt Deutschlands“.

Die Lichtgestalt der Wormser Geschichte hielt im Jahr 1000 Einzug: Bischof Burchard kam, sah – und alles war anders. Kirchen wurden gebaut, Klöster gegründet, es gab eine Stadtmauer und eine Domschule. Worms blühte. Und ganz nebenbei zog Burchard auch noch den erfolgreichsten deutschen Kaiser groß: Konrad II., der Stammvater der Salier, war sein Mündel. Unter ihm reichte Deutschland von Hamburg bis Neapel.

Nur an der Südseite findet sich reine, feinziselierte Gotik .

Die romanische Kathedrale steht auf merowingischen Grundmauern.

1018 ließ der Bischof auf merowingischen Grundmauern eine romanische Kathedrale errichten. Mit modernen „Blendarkaden“ im Innenraum. Die glatten Steinwände werden von runden Bögen ohne Durchbruch aufgelockert. Kein Joch gleicht dem anderen, der Raum wirkt dynamisch, ja fast modern. „Eine der bedeutendsten romanischen Kirchen Süddeutschlands“, sagt die Kunstgeschichte.

1181 war der romanische Dom fertig. Und sofort unmodern. Weil man inzwischen die luftige Gotik entdeckt hatte, die Worms jetzt auch haben wollte. Also riss man die Südfront kurzerhand wieder ein und baute sie gotisch-filigran neu. Das Südportal mit seinem einzigartigen Figurenzyklus wirkt heute wie ein federleichter Traum im romanischen Rahmen.

Vielleicht sollen die Bestien den Teufel in Schach halten?

Der Dom besitzt zwei Chöre. Warum? Das weiß niemand.

Dome im Mittelalter waren mystische Räume. Kaum ein Lichtstrahl fiel durch die winzigen Fenster. Man sah allein den Schimmer der Kerzen. Das passte zum Leben der Menschen. Es war fragil, die ewige Verdammnis lauerte überall. Das Reich des Teufels vermutete man im Westen, weshalb man Kirchen so baute, dass der Chor stets gen Sonnenaufgang lag. Bis Bischof Burchard kam.

Sein Dom St. Peter zu Worms besitzt zwei Chöre. Einen im Osten und einen im Westen. Warum? Weiß niemand. Vielleicht platzierte der Bischof ja all die Bestien auf seinem Dom, um den Teufel auch ohne mächtiges Westwerk in Schach zu halten. Als Burchard 1025 starb, wurde er im Westchor zur ewigen Ruhe gebettet.

Im barocken Chor schweben Putten – und Musikinstrumente.

Balthasar Neumann schuf ein barockes Himmelsreich in Schwarz und Gold.

Das Jahr 1689. Pfälzer Erbfolgekrieg. Die schwärzeste Stunde der Stadt. Die Truppen Ludwig XIV. zerstörten Worms komplett. Der Dom konnte zwar gerettet werden, der Großteil seiner Einrichtung jedoch verbrannte. Die Neugestaltung übernahm Balthasar Neumann. Er schuf ein barockes Himmelreich in Schwarz und Gold. Wohin man auch sieht, schweben Engel, Putten und – Musikinstrumente. Detailgetreu nachgebildet. Einer der schönsten spätbarocken Hochaltäre Deutschlands!

Auf eine Modernisierung des Doms wurde verzichten. Zum Glück. Heute gilt seine Symbiose aus Romanik, Gotik und Spätbarock als einzigartig. Das Bistum Worms war trotzdem nicht zu retten. 1806 verschwand es. Der Bischof residiert heute in Mainz. Sein Petersdom jedoch steht noch immer in Worms.

Kirchenfakten
Name: Dom St. Peter
Adresse: Domplatz, 67547 Worms
Konfession: katholisch
Baujahr: 1181/1472/1698
Baustil: Romanik/Gotik/Spätbarock
Kunstschätze:
– romanisch Fratzen an der Außenfassade und im Inneren des Doms
– spätromanisches Wandgemälde des Christophorus um 1200
– gotische Nikolauskapelle von 1301
– Gruft des Salischen Könighauses (10.-11.Jahrhundert)
– Gotische Rosettenfenster im Westchor
– Gotisches Südportal von 1290 mit herausragendem Figurenschmuck
– spätgotische Bildwerke aus dem Domkreuzgang (um 1500). Darunter die „Wurzel Jesse“ von Conrad Sifer( 1488)
– Renaissance-Altar in der Georgskapelle von 1590
– barocker Hochaltar von Balthasar Neumann von 1742
– modernes Bronzedenkmal für Bischof Burchard von Ernemann Sander (2002)
– moderne „Schwalbennestorgel“ von Klais (1985)
– moderne Kirchenfenster zur Geschichte der Stadt Worms
Öffnungszeiten: tagsüber geöffnet
Kontakt: Domgemeinde St. Peter , Lutherring 9, 67547 Worms
Telefon: 06241-596160
E-Mail: pfarramt@wormser-dom.de
Internet: bistummainz.de/pfarrgruppe/worms-dom-st-peter

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