Malsch: Ein Hauch von Orient

Die achteckige Kapelle auf dem
Letzenberg ist  spektakulär

Jeder Berg ruft. Auch wenn er nur 244 Meter misst wie der Letzenberg bei Malsch. Viele Jahrhunderte wachte der Letzenberg treu über die Bewohner der Weingemeinde und wartete auf seinen Moment.

Der kam im Sommer 1888, als der Mainzer Bischof Paul Leopold Haffner nach der Firmung hinaufstieg. Der Ausblick entzückte den Bischof so sehr, dass er ausrief: „Hier müsst ihr eine Kapelle bauen.“ Haffner ahnte nicht, welche kreativen Höhenflüge dieser Satz in den Malscher Winzern auslösen würde. Die Kapelle, die seit 1904 den Letzenberg krönt, ist spektakulär. Acht Ecken, reiner Jugendstil, eine extravagante dreifarbige Haube und ein minarettartiger Turm. Ein Hauch von Orient mitten im Kraichgau.

Das Mosaik zeigt die „Sieben Schmerzen Mariens“

Die Reformation hat den Weinort Malsch im Kraichgau nie erreicht

Der Weg zur Kapelle steigt sanft. Man geht zwischen Reben und Obstbäumen, der Blick weitet sich über die Rheinebene bis zu den Vogesen. Es ist ein Kreuzweg. Alle paar Meter lädt eine Station aus Sandstein zum Innehalten. Was höchst ungewöhnlich ist im Kraichgau, der als protestantisches Urland gilt. Nur Malsch, das den Speyerer Fürstbischöfen gehörte, hat die Reformation nie erreicht. Erst seit 1963 gibt es eine evangelische Kirche. Draußen in der Neubausiedlung.

Den Kreuzweg auf den Letzenberg hat ein frommes Ehepaar gestiftet. 1884. Vielleicht als Wink, sich endlich darauf zu besinnen, dass der Letzenberg durchbetete Erde ist. Schon vor „urdenklichen Zeiten“, so die Chronik, haben Gläubige hier oben den heiligen Wendelin um Hilfe angerufen.

Auf den Letzenberg führt ein Kreuzweg.

Als Bischof Haffner dann auch noch einem Splitter vom Heiligen Kreuz als Altar-Reliquie für die künftige Kapelle sandte, geriet Malsch in Zugzwang. Zehn Jahre später hatte man die 8000 Mark für den Kapellenbau beisammen.

Bei der Deutschen Bauaustellung in Dresden gewann die Kapelle die Goldmedaille

Man plane eine „von der alltäglichen Bauweise abweichende Kapelle“, teilten die Kraichgauer 1899 dem Erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg mit. Dort starrte man erst sprachlos auf den futuristischen Entwurf, dann schickte man ihn zur Deutschen Bauaustellung nach Dresden. Die Letzenbergkapelle gewann Gold.

Das Ziel der Wallfahrt: Die Pietà

Dummerweise gingen die Baupläne auf der Rückreise verloren. Erst am 3. Mai 1903 konnte die Kapelle auf dem Letzenberg geweiht werden. Man stellte sie unter dem Schutz der „Sieben Schmerzen Mariens“, was gut zum Kreuzweg passt. Ein wunderschönes, fast orientalisches Mosaik über dem Eingangsportal zeigt die Gottesmutter, deren Herz von sieben Schwertern durchbohrt wird.

Am letzten Samstag im September pilgern Haustiere jeder Größenordnung zur Kapelle

So mondän das Äußere der Letzenbergkapelle, so schlicht ihr Innenraum. Den Mittelpunkt bildet eine Pietà hinter dem Altar, die eigens für den Letzenberg angefertigt wurde. Die schönen Bleiglasfenster sind Stiftungen von Bürgern. An den Wänden wirken der Erzengel Michael, der heilige Josef und natürlich der heilige Wendelin.

Ihm verdankt die Kapelle ihre größte Attraktion: Am letzten Samstag im September pilgern Reiter und Pferde den Letzenberg hinauf, neuerdings gefolgt von Haustieren jeder Größenordnung. Wer will, kann auch zu Fuß vom Letzenberg bis Santiago de Compostela pilgern. Der Weg ist ausgeschildert. Immer der gelben Jakobsmuschel nach.

Kirchenfakten
Name: Wallfahrtskapelle „Sieben Schmerzen Mariens“
Adresse: Letzenbergstraße, 69231 Malsch
Konfession:
katholisch
Baujahr:
1904
Baustil:
Jugendstil
Kunstschätze:
– Mosaik „Sieben Schmerzen Mariens“
– Pieta aus dem 20. Jahrhundert
– Kreuzweg aus Sandstein
– Fünf Bleiglasfenster
Öffnungszeiten:
Samstag ab 12 Uhr und Sonntag ab 11 Uhr
Kontakt:
Pfarrbüro Rauenberg, Wieslocher Str. 6, 69231 Rauenberg
Telefon:
06222-63384
E-Mail:
Pfarramt.Rauenberg@kath-letzenberg.de
Internet: www.kath-letzenberg.de




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*