Weltruhm hat auch seine Schattenseite: Er überstrahlt alles, was sonst vielleicht ebenfalls leuchten würde. In Mauer hat man den Adam gefunden. 1907. Das weiß jedes Kind. Aber dass in Mauer auch die erste katholische Kirche steht, die nach der Gründung des Erzbistums Freiburg in Nordbaden gebaut wurde, interessiert kaum jemanden.
Dabei ist St. Bartholomäus eine klassizistische Schönheit. Stolz, schlank, elegant. Mit klaren Konturen und großer Würde. Ein Abstecher in die Kindertage der Freiburger Erzdiözese, die verglichen mit Köln oder Mainz ein Jungspund ist.
Der christliche Urkern Mitteleuropas war eigentlich Konstanz am Bodensee.
Der christliche Urkern Mitteleuropas lag in Konstanz am Bodensee. Schon 585 wurde hier ein Bistum gegründet, das rasch zum größten nördlich der Alpen heranwuchs. Im 15. Jahrhundert umfasste die Diözese die Nordschweiz, den Breisgau, den Bregenzer Wald, den Schwarzwald und Burgund.
Dann kam Napoleon. Das Bistum wurde filetiert, die Schweiz, Österreich und Frankreich fielen weg. Die Rheinebene, der Schwarzwald und der Odenwald formten 1821 das neue „Erzbistum Freiburg“.
Erst nach Napoleon wurde das Erzbistum Freiburg gegründet.
Doch der Vatikan hatte die Rechnung ohne die badischen Großherzöge gemacht, die seit 1803 am Rhein regierten. Sie glaubten lutherisch und hatten den Konstanzer Kirchenschatz längst requiriert. Um Karlsruhe auszubauen. Die Fächerstadt war zu dieser Zeit einer der mondänsten Orte der Welt, das Epizentrum des Klassizismus.
Kein Haus ohne ionischen Dreiecksgiebel, dorische Säulen und attische Girlanden. Das alles in elegantem Pastell, entworfen vom Stararchitekt Friedrich Weinbrenner. Er baute auch gern Kirchen. Ob evangelisch oder katholisch spielte keine Rolle. Hauptsache: klassizistisch.
Sachlich, elegant, echt. Hochwertige Materialien und feine Linienführung. St. Bartholomäus ist eine Kirche der Moderne.
1827 konnte der Streit zwischen dem Vatikan und dem Großherzog endlich beigelegt werden. Seine Königliche Hoheit erhielt den Großteil des Konstanzer Geldes; das neue Erzbistum volle Souveränität.
1874 wurde das Erzbischöfliche Bauamt in Heidelberg gegründet. 1876 präsentierte es stolz seinen Erstling: St. Bartholomäus in Mauer. Das zarte Kirchlein war zwar aus unverputztem Sandstein errichtet, stand aber sonst ganz in der Tradition Weinbrenners. Sachlich, elegant, echt. Hochwertige Materialien, feine Linienführung, Werke renommierter Künstler. Alles, was heute auch wieder gefällt.
Alle Wände sind zartrosa. Nur die Kuppel über dem Chor strahlt in reinem Weiß.
Die spektakulären Heiligenfenster schuf Valentin Hemmerle aus Freiburg, der Vater des ikonischen Aachener Bischofs Klaus Hemmerle. Trotz der farbigen Gläser wirkt St. Bartholomäus nie dunkel. Was an einem gelungenen Licht- und Raumkonzept liegt. Alle Wände sind zartrosa, nur die Kuppel über dem Chor strahlt in reinem Weiß. Ein wunderbarer Kontrast zum monumentalen Deckengemälde von 1901. Man sieht die Himmelfahrt Mariens.
1972 das große Ausräumen: Entflammt vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils entleerte Mauer seine Kirche komplett. Im Chor stand nur mehr ein Tischaltar aus Marmor. Womit sich niemand richtig wohl fühlte. Deshalb erstand man schon bald einen zierlichen Barock-Altar, den Osterburken ausrangiert hatte. Das Altarbild zeigt den heiligen Bartholomäus.
Kirchenfakten |
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Name: St. Bartholomäus Adresse: Bahnhofstr. 13, 69256 Mauer Konfession: katholisch Baujahr: 1876 Baustil: Klassizismus Kunstschätze: – Künstlerfenster von Franz-Valentin Hemmerle – Deckengemälde „Aufnahme Mariens in den Himmel“ von Albert Duchow (1901) – Moderner Altar und Ambo von Frido Lehr – Orgel von Hans-Georg Vleugels (1979) Öffnungszeiten: tagsüber geöffnet Kontakt: Katholische Seelsorgeeinheit Neckar-Elsenz, Hollmuthstr. 4, 69151 Neckargemünd Telefon: 06223- 42417-700 e-Mail: kontakt@kath-neckar-elsenz.de Internet: www.kath-neckar-elsenz.de | |