Schöllenbach: Lebendiges Wasser

Das Quellkirchlein ist ein Urort, dessen Kraft sich fast mit Händen greifen lässt.

Das Wasser ist glasklar und eiskalt. Ungestüm quillt es aus dem Boden, ergießt sich in einen archaischen Steintrog, flutet über seine Ränder und stürzt hinunter in den Euterbach. Immer und immer fort. Vielleicht schon seit Anbeginn der Welt.

Die Quelle von Schöllenbach ist ein Urort, dessen Kraft sich fast mit Händen greifen lässt. Die frühen Christen bauten hier ein Kapellchen; das Mittelalter errichtete eine exquisite Wallfahrtskirche. Die Reformation wollte sie niederreißen, doch das hat irgendwie nicht funktioniert. Zum Glück! Denn heute pilgern die Menschen wieder zur Quellkirche von Schöllenbach, die nichts von ihrem Zauber verloren hat.

Die Wallfahrtskirche bildet unangefochten den Mittelpunkt des Dorfes.

Im Mittelalter stiegen die Pilger noch ins heilige Nass hinein.

Schöllenbach ist ein überschaubarer Ort. 239 Einwohner, keine Schule, keine Lokale, keine Geschäfte. Dafür viel Natur, der idyllische Eutersee und ein Haltepunkt der Odenwaldbahn. Zwei Stationen sind es von Eberbach aus. Die Wallfahrtskirche, ursprünglich der Gottesmutter Maria geweiht, bildet unangefochten den Mittelpunkt des Dorfes. 

1344 trat sie offiziell ins Licht der Geschichte. Als Schenk Konrad zu Erbach das Dorf Schöllenbach erwarb. Über das wahre Alter des Heiligtums verrät dieses Datum allerdings wenig. Quellkirchen wurden meist schon von frühchristlichen Missionare im 6. oder 7. Jahrhundert gegründet. Die Wandermönche haben gezielt nach Wasseradern gesucht, um die Menschen zu taufen. „Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ Mit diesen Worten beginnt die Schöpfungsgeschichte.

Der phantastische spätgotische „Schöllenbacher Altar“ steht heute im Museum in Erbach.

Die Schöllenbacher Quelle entspringt im Chorraum, direkt hinter dem Altar. Im Mittelalter konnte man noch hinabsteigen und ins heilige Nass eintauchen. Was vor allem Frauen taten, die sich Nachwuchs wünschten. „Kindlesbrunnen“ sagte der Volksmund. 

Würzburger Schnitzkunst vom Feinsten: Der Hochaltar zeigt die „Wurzel Jesse“.

Er scheint gewirkt zu haben. 1465 war die Schöllenbacher Wallfahrt so populär, dass Schenk Philipp IV. von Erbach eine Basilika errichten ließ. Im spätgotischen Stil mit drei Schiffen und zwei Seitenaltären. Der Hochaltar wurde erst 1515 fertiggestellt: Ein traumschöner spätgotischer Flügelaltar. Im Mittelteil versammeln sich die Könige zur „Wurzel Jesse“, dem Stammbaum Jesu. Die Flügel schildern Szenen aus dem Leben Marias. Graf Eberhard XI. von Erbach hatte das geschnitzte Juwel in Auftrag gegeben. Als Hochzeitsgeschenk für seine Braut Maria von Wertheim. Welchem Würzburger Künstler der Altar zuzuschreiben ist, weiß niemand.

Heute steht das Prachtstück nicht mehr in der Kirche von Schöllenbach, sondern im Museum von Schloss Erbach. Die Reformation hatte den Altar achtlos in eine Scheune gestopft. 1872 erwarb Graf Eberhard XV. das halb vermoderte Prachtstück für 500 Gulden. Das Land Hessen hat den Altar inzwischen tipptop restaurieren lassen. 

Momentan entwickelt ich die Quelle zum äußerst beliebten Taufort.

Mit der Wallfahrtskirche sind die Reformatoren auch nicht besonders zartfühlend umgegangen. Das Langhaus wurde abgerissen, nur das Eingangstor und der Chor haben überlebt. Als Ruinen.

1782 hat man den Chor verschlossen, um ihn an Kirche nutzen zu können.

Erst 1782 hat man den Chor wieder verschlossen, um ihn als evangelische Kirche nutzen zu können. Das Interieur des heutigen Gotteshauses stammt aus dem Jahr 1865. Anstelle des Flügelaltars hängt jetzt ein Ölgemälde hinter dem Altar. Prinzessin Adelheid zu Hohenlohe-Ingelfingen hat es geschaffen. Man sieht Jesus im Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. 

Womit wir wieder beim Wasser wären. Die Quelle tritt heute unter der südlichen Kirchhofmauer ans Tageslicht und speist einen ehemaligen Waschplatz. Er entwickelt sich neuerdings zum äußert beliebten Taufort. Das Wasser strömt noch immer  glasklar, eiskalt und ungestüm. Wie vielleicht schon seit Anbeginn der Welt.

Kirchenfakten
Name: Schöllenbacher Quellkirche 
Adresse:
 Weißenbörner Weg 2, 64760 Oberzent-Schöllenbach
Konfession: evangelisch
Baujahr: 1465 / 1782 / 1865
Baustil: gotisch / neugotisch
Kunstschätze: 
– Reste des spätgotischen Chors, mittelalterliche Wappensteine
Altarbild: „Jesus und die Samariterin“(1865)
– Der „Schöllenbacher Altar“ von 1539 befindet sich heute in der Kapelle des Erbacher Schlosses (Schloss Erbach, Marktplatz 7, 64711 Erbach im Odenwald, O6062-809360, info@schloss-erbach.de)
Öffnungszeiten: nach Vereinbarung
Kontakt:  Evangelische Kirchengemeinde Beerfelden, Marktplatz 1, 64760 Oberzent
Telefon: 06068-1330
E-Mail: ev.kirchengemeinde.beerfelden@ekhn-net.de
Internet: www.ev-kirchengemeinde-beerfelden.ekhn.de

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