Schwaigern: Mit dem Schimmer der Ewigkeit

Die gotische Johanneskirche birgt sakrale Kunst vom Feinsten.

Hoch oben an der alten Mauer steht der Schmerzensmann. Ausgemergelt, nackt und frierend. Seine Augen liegen in tiefen Höhlen, Dornen durchbohren die Kopfhaut. Die Geißel, mit der er blutig geschlagen wurde, hat man ihm höhnisch in den Arm gedrückt. Ein Bild des Jammers. Ein Bild der Grausamkeit des Menschen. Wäre da nicht die rechte Hand, die der Malträtierte freundlich zum Gruß erhoben hat.

Um Neuankömmlinge willkommen zu heißen in Schwaigern. Die kleine Stadt am Heuchelberg besitzt eine sensationelle gotische Kirche, voll von Kunstwerken. Sie sind alle wunderbar erhalten. Einen Bildersturm hat es hier nie gegeben.

Die Luft schmeckt nach Sonne. Wein wächst, wohin man auch sieht.

Der Süden beginnt zehn Kilometer östlich von Eppingen. „Zabergäu“ nennt sich die geschützte Senke, die umrahmt wird vom Strom- und vom Heuchelberg. Die Luft hier schmeckt nach Sonne. Wein wächst, wohin man auch sieht. Lemberger, Trollinger, Riesling. Die Römer haben die ersten Reben gepflanzt, die frühen Christen eine Kapelle gebaut. Geweiht Johannes dem Täufer. Seinen Namen trägt die Kirche von Schwaigern bis heute. 

Die hohen Schiffe scheinen zum Himmel hinauf zu schweben.

Seit dem 13. Jahrhundert residieren die Herren von Neipperg am Heuchelberg. 1726 wurden sie in den Grafenstand erhoben. Durch Hochzeiten ist die Familie inzwischen fast mit dem gesamten Hochadel verwandt. Die Schwaigerner Burg wurde 1690 niedergebrannt.

An ihrer Stelle steht nun ein Renaissance-Schloss, in dem die Grafen das viertgrößte Weingut Baden-Württembergs betreiben. Und natürlich war es auch ein Freiherr von Neipperg, der die gotische Johanneskirche errichten ließ. 1521. Direkt neben dem Schloss und wohl behütet von einer Stadtmauer. Auch sie existiert noch heute.

Den gotischen Marienaltar umschwebt eine Aura aus Gold.

Die Johanneskirche ist überwältigend. Man schreitet durch drei hohe Schiffe mit Netzgewölbe, die in den Himmel hinauf zu schweben scheinen. Dann steht man in einem riesigen Chor voll von Licht. Den gotische Marienaltar umschwebt eine Aura aus Gold. Das raumhohe Sakramentshaus ist so fein ziseliert, dass man sich kaum sattsehen kann. 

Bernhard Sporer, einer der bedeutendsten Kirchenbaumeister seiner Zeit, hat die Kirche entworfen. Als Grablege der Grafen von Neipperg. Überall stößt man auf phantastische Epitaphien der Familie. Man sieht Ritter in Rüstungen und immer wieder das neippergsche Wappen: Drei silberne Ringe auf rotem Grund. 

Den Chor zieren ein hohe Sakramentshaus und der ein gotischer Marienaltar.

Der Barbara-Altar ist weltberühmt. Obwohl er eine grausame Geschichte erzählt.

Fünf gotische Prachtaltäre besitzt die Johanneskirche. Einer schöner als der andere. Der Barbara-Altar ist weltberühmt. Obwohl er eine grausame Geschichte erzählt. Die heilige Barbara war eine Königstochter in Nikomedien. Durch eine Vision kam sie zum Glauben an Jesus Christus. Sehr zum Ärger ihres Vaters, der seine Tochter schrecklichen Foltern unterwarf, um ihr das Christentum auszutreiben.

Doch Barbara blieb standhaft. Schließlich griff der Vater zum Schwert und enthauptete seine Tochter. So furchtbar die Geschichte, so phantastisch sind die starkfarbigen Bilder, die der Künstler Jörg Ratgeb geschaffen hat. 1510. Ein Meisterwerk.

Den Barbara-Altar schuf Jörg Ratgeb 1510. Heute ist er weltberühmt.

Die lutherischen Reformatoren haben die Kirche so belassen, wie sie war.

1520 war die Johanneskirche vollendet. Vier katholische Jahre blieben ihr noch. 1525 führte die Herren von Neipperg die lutherische Reformation ein. Die Kirche hat man so belassen wie sie war. Ein steingewordenes Himmelreich. Mit dem Schimmer der Ewigkeit.

Nur der Schmerzensmann draußen an der Fassade ist kein Original mehr. Wind und Wetter haben ihm beide Arme geraubt. 1978 hat man das Kunstwerk durch eine Kopie ersetzt. Das Original steht jetzt wohl behütet im Inneren der Kirche. 

Kirchenfakten
Name: Johanneskirche
Adresse:
  Schloßstraße 6, 74193 Schwaigern
Konfession:  evangelisch
Baujahr: 1520
Baustil: Gotik
Kunstschätze: 
– Barbara-Altar von Jörg Ratgeb (1510)
– gotische Statue des Schmerzenmannes 
– gotische Sonnenuhr von 1581 an der Außenwand
– überlebensgroßes Kruzifix im Triumphbogen 
– zwei gotische Schnitzaltäre um 1520 
– 30 gotische Grabmale und Epitaphien 
– Halbbüsten der Apostel an den Gewölberippen 
– gotisches Sakramentshaus von Bernhard Sporer 
– Johannes-Altar von Ende des 15. Jahrhunderts 
– Hochaltar von Jörg Kugler 1523 
Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 18 Uhr. Donnerstags geschlossen. 
Kontakt: Evangelische Kirchengemeinde Schwaigern, Schloßstraße 9, 74193 Schwaigern 
Telefon: 07138 – 2987
E-Mail: pfarramt.schwaigern@elkw.de
Internet: www.kirche-schwaigern.de

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