Stolz steht sie da, die Stifterin. Gerader Rücken, ernste Miene, elegant über dem Mieder verschlungene Finger. Margarethe von Carben ist einen Kopf kleiner als ihre beiden Ehemänner, die sie flankieren. Dennoch dominiert sie mühelos die Szene. Eine Frau, die weiß, was sie will.
Umso rätselhafter der Platz, den Margarethe für ihr sechs Meter hohes Epitaph ausgewählt hat. Es steht in Sennfeld, einem Ortsteil von Adelsheim. Margarethe hat nie in dieser Gegend gelebt. Wohl aber ihr Großvater, der berühmte Götz von Berlichingen. Ein Ausflug ins südliche Bauland. Dorthin, wo bis vor kurzem noch ein Schlagbaum die Grenze zu Württemberg markierte.
Der Ur-Enkel vom Ur-Enkel des legendären Götz von Berlichingen hat Schloss Sennfeld erbaut
Sennfelds Lebensader ist die Seckach. Ein munteres Flüsschen, das leise gurgelnd der Jagst zustrebt. Eine alte Steinbrücke schwingt sich hinüber zu einem ländlichen Barockschloss. Heute ist es ein Hotel, aber über dem Eingang prangt noch das Wappen der Freiherren von Berlichingen.
Philipp Adam hat das Schloss 1713 erbaut. Er war der Ur-Enkel vom Ur-Enkel des legendären Ritters mit der Eisernen Hand. Auch dieser hat immer gern in Sennfeld geweilt.
Der Ritter mit der eisernen Hand ist zufrieden in seinem Bett gestorben. Nicht im Kerker, wie Goethe behauptet.
Zu Götzens Zeit standen an der Seckach noch eine Burg mit Mühle und ein kleines Kirchlein, in dem der Freiherr 1561 die lutherische Reformation einführen ließ. Ein halbes Jahr später ist Götz von Berlichingen gestorben. Im Alter von 82 Jahren. Zufrieden zuhause im Bett. Und nicht verzweifelt im Kerker, wie Goethe in seinem Drama behauptet.
Ob Margarethe von Carben ihren Großvater wohl in Sennfeld besucht hat? Ob sie sich dabei womöglich verliebt hat in den idyllischen Dreiklang aus Fluss, Burg und Mühle? Wir wissen es nicht.
Der Sohn ihrer Halbschwester erbte Margarethes Vermögen. Sofern nach dem Bau der Kirche noch etwas übrig war.
Die Analen berichten nur, dass Margarethe in Gelnhausen im Spessart aufgewachsen ist, wo sie später auch mit ihrem ersten Mann gelebt hat. Die zweite Ehe führte sie nach Karben, nördlich von Frankfurt. Kinder hatte die Freifrau nicht. Der Sohn ihrer Halbschwester erbte Margarethes Vermögen. Zumindest das, was nach dem Bau ihrer Luxusgrablege noch übrig war.
Margarethes Kirche thront diesseits der Seckach auf einem Hügel über dem Dorf. Es ist eine elegante lutherische Landkirche im Stil der Spätrenaissance mit beeindruckendem Turm. Er birgt in seinem unteren Teil den Chor mit dem Epitaph. „1615“ steht über den vier Eingängen zu lesen. Das ist das Todesjahr der Margarethe.
Peter Kern, der berühmte Würzburger Steinmetz, hat Epitaph und Kanzel geschaffen
Doch vermutlich ist die Witwe schon einige Jahre zuvor ins Bauland übersiedelt. Um ein Auge zu haben auf die Bauarbeiten. Geld spielte dabei keine Rolle. Wohl aber Margarethes lutherischer Glauben. Wir sehen einen schlichten Saalbau mit umlaufender Holzempore. Sehr dezent, aber exqusit ausgemalt.
Im Zentrum aller Blicke steht die Kanzel auf einem hohem säulenartigen Fuß , der reich verziert ist. Peter Kern, ein Sohn der berühmten Würzburger Steinmetzdynastie, hat die Kanzel geschaffen. Ebenso wie das Epitaph, bei dem er die drei Figuren fast frei aus dem Stein herausgearbeitet hat. Überwältigend schön.
Die vier Alabasterfiguren an der Kanzel sind leider weniger gelungen. Obwohl sie aus derselben Werkstatt stammen. Vielleicht hatte die kritische Stifterin inzwischen die Augen für immer geschlossen?
Der sterbende Heiland segnet Sennfeld
Bleibt noch der steinerne Altartisch mit dem ungewöhnlichen Kruzifix. An ihm scheiden sich die Geister. Unerträgliches Leid spricht aus dem Blick des gefolterten Christus. Schwer, diesen Schmerzensmann auszuhalten. Doch dann fällt der Blick auf seine rechte Hand. Obwohl von einem Nagel brutal durchbohrt, ist sie nicht zusammengekrampft, sondern ausgestreckt zu einem vertrauten Gestus: Der Heiland segnet Sennfeld.
Kirchenfakten |
Name: Evangelische Kirche Sennfeld Adresse: Kirchgasse 12, 74740 Adelsheim-Sennfeld Konfession: evangelisch Baujahr: 1615 Baustil: Renaissance Kunstschätze: – Epitaph der Stifterin Margarete von Carben mit ihren beiden Männern von Peter Kern (1615) – Sandsteinsteinkanzel (1617) – Kruzifix aus Alabaster – Hübsche Renaissance-Säule als Taufbecken – zahlreiche künstlerisch gestaltete Grabsteine und Epitaphien aus der Renaissance – Grabmal in Empirestil des Franz August Rüdt von Collenberg(1805) – beleuchtetes Fensterglasbild von 1900 – Romantische Barockorgel der Gebrüder Link aus Giegen/Brenz (1901) Öffnungszeiten: Nach Vereinbarung Kontakt: Evangelisches Pfarramt Sennfeld, Hauptstraße 32, 74740 Adelsheim-Sennfeld Telefon: 06291-7372 E-Mail: sennfeld@kbz.ekiba.de Internet: www.adelsheim-boxberg.de |