Mannheim: Das Wunder von Mannheim

Die Kuppel der Christuskirche hat eine
Spannweite von 23 Metern.

Ja, sie sind alle nackt. Was sonst? Es glaubt doch niemand ernsthaft daran, dass die Toten bei ihrer Auferstehung sphärische Flattergewänder tragen. Dennoch gibt es eine lebensgroße Darstellung der Erlösten, umhüllt allein von Licht des Ostermorgens, nur im Triumphbogen der Mannheimer Christuskirche. Sie ist eine der schönsten und größten Jugendstilkirchen Deutschlands.

Dass sie noch existiert, ist ein Wunder. Mehr als 14000 Bomben fielen im Zweiten Weltkrieg auf Mannheim. Die Christuskirche ist das einzige Gotteshaus, das dieses Inferno überlebt hat. Das Wunder von Mannheim.

Keine deutsche Stadt ist je so rasch gewachsen wie Mannheim

Die Menschen bei der Auferstehung, umhüllt allein vom Licht des Ostermorgens.

Mannheims goldenes Zeitalter begann 1840 mit der Eisenbahn. Genauer gesagt mit der Endhaltestelle der ersten Bahnlinie Badens im Mannheimer Rheinhafen. Mit ihr kamen die Fabriken und die Arbeiter. Keine deutsche Stadt ist je so rasch gewachsen wie Mannheim im ausgehenden 19. Jahrhundert.

1871 lebten hier 40.000 Menschen, 1905 waren es schon 164.000. Während die Arbeiter in dunklen Mietskasernen und Hinterhöfen hausten, zog es die Fabrikanten hinaus in die Oststadt. Dort entstand gerade ein Villenviertel.

Die Oststadt war ein Stadtteil vom Reißbrett. Alles aus einem Guss, alles edel, alles Jugendstil. Der „Rosengarten“ besaß den größten Saal Deutschlands. Der Wasserturm lieferte fließendes Wasser für die Badezimmer. Die Fontänen am Friedrichsplatz lockten zum Flanieren. Fehlte nur noch eine repräsentative Kirche. Protestantisch sollte sie sein, monumental und absolut en Vogue.

Die gewaltige Eisenbeton-Kuppel überragt sogar den Wasserturm.

Ein evangelischer Dom mit 1400 Sitzplätzen und zwei Pfarrhäusern

Der letzte Schrei im Jahr 1904 war das „Wiesbadener Programm“. Es definierte, dass in einer idealen Predigerkirche Altar, Kanzel und Orgelempore in einem Block übereinander angeordnet sein sollten.

Solch einen Kanzelaltar mit perfekter Sicht auf den Prediger von allen 1400 Sitzplätze aus – das wollten Mannheims Industrielle haben. Und drumherum einen evangelischen Dom mit zwei großen Pfarrhäusern. Koste es, was es wolle.

Die gewaltige Eisenkuppel überragte sogar den Wasserturm

65 Meter hoch erhebt sie sich über die Oststadt, eines der elegantesten Viertel Mannheims.

Alles ist groß in der Christuskirche. Die gewaltige Eisenbeton-Kuppel schwebt 65 Meter über dem Erdboden und überragt sogar den Wasserturm. Sie wird bekrönt von einer Laterne, auf der der Erzengel Michael Posaune bläst. Um die fünf riesigen Bronzeglocken in Schwung zu versetzen, bedurfte es früher der Kraft von zwölf Männern.

Doch das ist alles nur das Vorspiel. Sobald man die Kirche betritt, stockt einem der Atem. Man steht unter einer hohen kreisrunden Kuppel mit einer Spannweite von 23 Metern. Alles funkelt in Blau und Gold wie in einem Märchen aus tausend und einer Nacht.

Unter der flirrenden orientalischen Pracht hängt ein gewaltiger Radleuchter. Er wiegt 1,2 Tonnen und hat einen Durchmesser von mehr als acht Metern. Eine Homage an die romanischen Dome von Aachen oder Hildesheim. Nur dass die Christuskirche von Beginn an elektrisches Licht und eine Zentralheizung besaß.

Als ob die Töne direkt aus dem Himmel kämen

Die Nordempore trägt die größte
Denkmalorgel Baden-Württembergs
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Nicht genug der Superlative. Oben auf der Nordempore, etwas versteckt hinter der monumentalen Kreuzigungsgruppe, steht die größte Denkmalorgel Baden-Württembergs. Das „Mannheimer Wunderwerk“. 132 Register und mehr als 10000 Pfeifen besitzt die Steinmeyerin aus dem Jahr 1911. Gerade wurde die Orgel mit viel Geld und noch mehr Mühe renoviert. Nun klingt sie wieder, wie die Mannheimer gern sagen, „als ob die Töne direkt aus dem Himmel kämen.“

Am 1. Oktober 1911, morgens um 10 Uhr, hat der Badische Großherzog die Christuskirche eingeweiht. 1.665.000 Mark hat sie gekostet. Drei Jahre später begann der erste Weltkrieg.

Kirchenfakten
Name: Christuskirche
Adresse: Werderplatz 17, 68161 Mannheim
Konfession: evangelisch
Baujahr: 1907 – 1911
Baustil: Jugendstil
Kunstschätze:
– Steinmeyer-Orgel aus dem Jahr 1911, die größte Denkmalorgel
Baden-Württembergs
– Auferstehungs-Fresko von Adolf Schinnerer im Triumphbogen
– Jugendstil-Radleuchter mi 12 großen und 48 kleinen Laternen
– Reliefs und monumentale Kreuzigungsgruppe von Johannes Hoffart
– Jugendstil-Taufschale und Taufkanne von Ernst Riegel
Öffnungszeiten: Von März bis November: Dienstag bis Freitag, 13 bis 17 Uhr
Kontakt: Evangelische ChristusFriedenGemeinde, Werderplatz 15, 68161 Mannheim
Telefon: 0621 – 43031920
E-Mail: christusfriedengemeinde@ekma.de
Internet: christusfrieden.ekma.de

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