Da stand er nun, der Ilvesheimer Pfarrer Johann Baptist Scharvogel, in seiner schönen neuen Kirche und war todunglücklich. Nicht wegen des Kirchleins, das sich ebenso filigran wie majestätisch über das Fischerdorf erhob. Sondern wegen der Leere im Inneren von St. Peter. Denn für die Einrichtung des spätbarocken Saalbaus von Stararchitekt Franz Wilhelm Rabaliatti hatte das Budget nicht mehr gereicht.
Ein Esstisch diente nun als Altar, die Stühle brachten die Gläubigen mit. Der Pfarrer seufzte tief. Wieder einmal. Doch plötzlich schlüpfte ein Gedanke in seinen Kopf: In Heidelberg wurden doch gerade Klöster aufgelöst. Vielleicht könnte man da ja einen Altar ergattern? Und Bänke? Zu Besuch in Ilvesheim am Neckar.
Nur Pfarrer Scharvogel erkannte, dass die Napoleonischen Kriege auch gute Seiten hatten.
Das ehemalige Fischerdorf liegt in der letzten Schleife des Flusses vor seiner Mündung in den Rhein. Der Neckar biegt hier sozusagen auf die Zielgerade ein. Weshalb seit Urzeiten Menschen in Ilvesheim gesiedelt haben. Man fand Skelette aus der Bronzezeit, 2000 Jahre vor Christus, und die Reste einer römischen Villa rustica.
Dann übernahmen die Flößer und Fischer, bis 1925 der Neckarkanal gebaut wurde. Seitdem ist Ilvesheim eine „Insel“ und die alte Neckarschleife ein Schutzgebiet für Zugvögel.
Die Einrichtung des Dominikanerklosters in Heidelberg hat Ilvesheim gerettet.
Für sie interessierte sich unser geplagter Pfarrer Scharvogel trotz seines Namens kein Bisschen. Er brütete gerade darüber, ob er womöglich die Wirren des Napoleonischen Kriegs zu seinen Gunsten nutzen konnte. „Zufällig haben wir erfahren, dass die Heidelberger Dominikanerkirche ausgeräumt wird“, schrieb Scharvogel an die Kurfürstliche Administration in München. „Wenn es möglich wäre, dass wir von dort einen Hauptaltar, zwei Seitenaltäre, eine Kanzel und zwanzig Kirchenstühle erhalten, so wird unsere St. Peter-Kirche ein Schmuckstück.“
Wer so schön formuliert, dem sei der Erfolg gegönnt. Im Februar 1802 erhielt Ilvesheim die Genehmigung, das Inventar der Dominikanerkirche abzuholen. Einen Monat später feierte man zum zweiten Mal Kirchweih.
Drei barocke Altäre in zartem Pastell schmückten nun den Chor.
Bildhübsch muss sie ausgesehen haben, die „neue“ Peterskirche. Damals noch ohne Turm; er kam erst 1817. Drei barocke Altäre in zarten Pastellfarben schmückten den Chor. Die stattlichen Kanzel war reich mit Heiligenfiguren verziert. Auf rotem Sandstein standen geschnitzte Kirchenbänke und die Rückempore trug die wertvolle Orgel. Putten flatterten, Gold funkelte, Kerzen leuchteten. Ilvesheim im Glück.
Doch der Mensch ist ein wankelmütig Wesen. 1956, das Dorf lag nun im Einzugsgebiet der Industriemetropole Mannheim, gefiel die Peterskirche nicht mehr. Weshalb man das Gotteshaus kurzerhand ausräumte und weißelte. Die beiden Seitenaltäre wurden nach Neunkirchen bei Aglasterhausen und Waldshut verkauft, der grazile Hochaltar umgebaut. Maria und Josef, die eben noch das Jesuskind angebetet hatten, knieten jetzt verblüfft neben Gottvater, der neuerdings einen gewaltigen Strahlenkranz trug. Die porzellanweiße Marienstatue wurde in die dunkelste Ecke verbannt. Die träumerische Aura von St. Peter war dahin.
Den neuen Sandstein-Altar zieren heute hauchzarte Bronzerosen.
Vierzig Jahre sollte es dauern, bis man begriff, wie wertvoll der historische Kirchenraum gewesen war. Dann galt es zu retten, was noch zu retten war. Und das war glücklicherweise so viel, dass man sich heute fast wieder im barocken Original wähnt. Wären da nicht der moderne Altar und der Ambo, die aus dem roten Sandsteinboden herauswachsen. Die Künstlerin Barbara Jäger hat die Prinzipalien mit hauchzarten Bronzerosen verziert. Durchaus vorstellbar, dass Pfarrer Scharvogel diese hübsche Spielerei gefallen hätte.
Kirchenfakten |
Name: St. Peter Adresse: Pfarrstraße 1 a, 68549 Ilvesheim Konfession: katholisch Baujahr: 1789 Baustil: Barock Kunstschätze: – barocker Hochaltar um 1720. – dazu passend: Kanzel, Leuchterengel, Madonna, Heiligenfiguren und Taufbecken aus dem Barock – Gemälde aus dem 17. Jahrhundert – Kreuzweg aus dem 19. Jahrhundert – moderne Orgel von Joachim Popp – moderner Zelebrationsaltar und Ambo von Barbara Jäger und OMI Richter Öffnungszeiten: tagsüber geöffnet Kontakt: Zentralbüro der Seelsorgeeinheit Maria-Magdalena, Hauptstraße 49, 68259 Mannheim-Feudenheim Telefon: 0621-30085300 E-Mail: St.Peter-Paul@ssemma.de Internet: www.sse-maria-magdalena.de |