Heidelberg: Die Magie des heiligen Berges

Das Michaelskloster besitzt auch als Ruine eine enorme Anziehungskraft.

Vielleicht liegt es an der Luft. Sie schmeckt aromatischer hier oben. Oder am Licht, das die Bäume umhüllt wie ein sphärischer Schleier. Doch das allein reicht nicht, um zu erklären, warum der Heidelberger Heiligenberg schon seit Jahrtausenden die Menschen anzieht wie ein Magnet.

Die Bronzezeit hat hier ein Heiligtum gebaut, die Römer einen Merkurtempel, die Kelten eine Festung und das Mittelalter eine Wallfahrtskirche. Dabei gibt es auf dem Heiligenberg keinerlei Wasser! Ob vielleicht doch etwas dran ist an der Theorie von den spirituellen Kraftorten, die eine geheimnisvolle Magie ausstrahlen? Ein Wanderung zu einer mystischen Ruine in 440 Metern Höhe. 

Nirgendwo sonst kann man so gut beobachten, wie der Neckar hinausströmt in die Rheinebene.

Im Grundriss der Basilika erkennt man noch die Umrisse des römischen Tempels.

Der Heiligenberg heißt eigentlich nicht Heiligenberg. Das ist nur sein christlicher Taufname. Die Frühzeit nannte den Felsen  „Aberinsberg“ und nutzte ihn vorwiegend als Wachposten. Weil man von nirgendwo sonst so gut beobachten kann, wie der Neckar hinausströmt in die Weite der Rheinebene. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde der Gipfel des Heiligenbergs stets baumfrei gehalten.

Die ältesten Scherben, die hier oben gefunden wurden, datieren aus der Jungsteinzeit. Die Kelten errichteten um 480 vor Christus eine riesige Siedlung. Ihr mächtiger Doppelwall führte um die ganze Bergkuppe herum. Die Römer waren pragmatischer und überließen den Berg ihren Göttern. So sparten sie sich das Wasserschleppen. Die Umrisse des Merkurtempels erkennt man heute noch in den Ruinen Michaelsbasilika. 

Das rekonstruierte Modell des Kloster steht im Kurpfälzischen Museum.

Die Basilika war dem Erzengel Michael geweiht. Wie fast alle Bergkirchen. Weil Michael gut hilft gegen Blitze und Dämonen.

Womit wir bei den Mönchen wären. Im 9. Jahrhundert fiel der Aberinsberg an das Kloster Lorsch, das sofort den Genius loci erspürte und ein Kloster errichtete. Die römischen Reste warfen die Benediktiner nicht weg, sondern sie „tauften“ sie. So wurde aus einem „Viergötterstein“ im Handumdrehen ein Weihwasserbecken für die neue Basilika mit ihren drei Chorkapellen.

Die Kirche war dem Erzengel Michael geweiht, wie fast alle Bergkirchen. Michael hat einst auf Gottes Geheiß den rebellischen Erzengel Luzifer aus dem Himmel gestoßen. Wer das schafft, der hilft auch gegen Blitze und Dämonen. 

Das Michaelskloster war der beliebteste Wallfahrtsort der Region. Sogar die Kurfürsten pilgerten hinauf.

Die luxuriösen Treppentürme müssen sehr teuer gewesen sein.

Das Michaelskloster entwickelte sich im Handumdrehen zum beliebtesten Wallfahrtsort der Region. In langen Strömen pilgerten die Menschen den Berg hinauf, weshalb das Kloster in rascher Folge erweitert und modernisiert wurde. Salisch, karolingisch, romanisch, gotisch. Wenn man genau hinsieht, erahnt man noch etwas von der einstigen Pracht.

Die luxuriösen zwei Treppentürme beispielsweise müssen sehr teuer gewesen sein. Und dass es gelungen ist, das mächtige Westwerk auf dem abschüssigen Grund zu sichern, grenzt an ein Wunder. In der Gotik glich das Kloster einer kleinen Stadt. 

In der Ostkrypta ruhte seit 1070 der ehemalige Abt Friedrich von Hirsau. Er soll die Fähigkeit besessen haben, mit den Engeln zu sprechen. Was ihn im Mittelalter zu einem der beliebtesten Heiligen gemacht hat. Vier große Prozessionen im Jahr wallten seinetwegen hinauf zum Heiligenberg. Meist nahmen auch die Kurfürsten teil. Der Berg verwandelte sich an diesen Wallfahrtstagen in ein Art Jahrmarkt. Kein Wunder, dass das Kloster Zulauf hatte. Schon 1090 war der Andrang an Novizen so groß, dass man eine kleine Filiale errichten musste. Gleich nebenan. Das Stephanskloster. 

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Ruinen ausgegraben.

Die Reformation verwandelte das Kloster in einen Steinbruch. Jedermann konnte sich bedienen.

Das Ende der Herrlichkeit auf dem Heiligenberg kam 1556, als Kurfürst Ottheinrich die Reformation einführte. Die beiden Klöster gab er als Steinbrüche frei. Erosion und Wind taten ein Übriges. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat man das Michaelskloster wiederentdeckt und die Ruinen ausgegraben. Sie haben erstaunlicherweise nichts von ihrer geheimnisvollen Magie verloren.

Kirchenfakten
Name: Kloster St. Michael
Adresse:  Auf dem Heiligenberg, 69121 Heidelberg
Konfession: katholisch
Baujahr:  um 890 
Baustil: romanische und gotische Ruinen
Öffnungszeiten:  Oktober bis März: 8 bis 16 Uhr. April bis September: 8 bis 19 Uhr. Montags geschlossen
Kontakt: 
Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg
Hauptstraße 97
69117 Heidelberg
Telefon: 06221-5834020
E-Mail: kurpfaelzischesmuseum@heidelberg.de
Internet: www.museum-heidelberg.de
oder: 
Schutzgemeinschaft Heiligenberg 
E-Mail: info@heiligenberg-handschuhsheim.de
Internet: www.heiligenberg-handschuhsheim.de

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