Adelsheim: Im Wunderland der Steine

Mehr als 60 Epitaphien
schmücken die Jakobskirche
.

Die Schönheit trifft den Besucher völlig unvorbereitet. Fast wie ein Schock. Sicher, die Jakobskirche in Adelsheim ist auch von außen eine hübsches gotisches Kirchlein. Doch sobald man die Tür öffnet, steht man im Wunderland der Steinmetzkunst.

61 Grabmale von allerfeinster Qualität schmücken die Friedhofskirche. Uralte gotische Epitaphien stehen neben prächtige Werken aus der Renaissance und dem Barock. Die Kunstwerke künden vom Ansehen der Freiherren von Adelsheim, die zu den ältesten und reichsten Rittergeschlechtern im Odenwald gehörten. Bis heute ist die Jakobskirche ihre Grablege.

Die Jakobskirche von 1489 ist
das älteste Gebäude der Stadt
.

Die Kaskaden der Kirnau stürzen wildromantisch der Seckach entgegen.

Adelsheim liegt malerisch in einem heimeligen Tal, umrahmt von bewaldeten Hügeln. Es gibt eine mittelalterliche Stadtmauer, zwei Schlösser, jede Menge Fachwerk und die Kaskaden der Kirnau, die wildromantisch der Seckach entgegenstürzt. Leider zerschneidet eine vielbefahrene Straße das Städtchen und stört das Idyll. Die Jakobskirche tangiert der Lärm nicht. Sie steht nördlich der Stadtmauer bei der mittelalterlichen Steinbrücke über die Seckach.

1338 beschlossen die Brüder Beringer und Poppo von Adelsheim, sich zwischen Kirnau und Seckach eine Burg zu bauen. Der Vater der Jungritter hieß Boppo von Dürn, die Mutter Eva von Berlichingen. Beide Namen zählten zur Crème de la Crème der Reichsritterschaft. So illuster sollte der Stammbaum der Adelsheimer bleiben.

Ergreifend schön:
Der gotische Kruzifixus
.

Über viele Generationen hinweg knüpften die Freiherren aus dem Bauland verwandschaftliche Bande zu den mächtigsten Adelshäusern. Was ihren Einfluss mehrte. Schon 1375 verlieh der Kaiser Adelsheim das Stadtrecht. Obwohl die „Stadt“ damals nur aus ein paar Höfen bestand.

Eine protestantische Insel im katholischen Madonnenländchen.

Im 15. und 16. Jahrhundert blühte Adelsheim. Man veranstaltete Ritterturniere mit Kaiser, verwandelte die Burg in ein Wasserschloss, stellte 1489 die Jakobskirche fertig. Das wohl schönste Epitaph in der eleganten Grabkapelle zeigt Martin von Adelsheim, den Stifter der Kirche, als glattrasierten Mann beim Gebet. Ihm gegenüber kniet – mit Bart – sein Enkel Martin, der 1556 in Adelsheim die lutherische Reformation einführte. Eine protestantische Insel im katholischen Madonnenländchen.

Grabsteine à la mode:
Von der Gotik bis zum Rokoko
.

1618 versank die Welt in Dunkelheit. Der Dreißigjährige Krieg und der Pfälzische Erbfolgekrieg fügten der Jakobskirche schwere Schäden zu. Das Kreuzrippengewölbe der Grabkapelle stürzte ein, von den schönen Renaissance-Wandmalereien aus dem Jahr 1606 blieb nur ein Ahnung. Es kam noch schlimmer. 1767 beschlossen die Adelsheimer, sich eine neue barocke Kirche zu bauen und verkauften den gotischen Schnitzaltar der Jakobskirche. Die Friedhofskapelle verfiel.

Dem Mund des Gekreuzigten scheint ein letztes Stöhnen zu entweichen.

1884 die Rettung. Der Badische Oberbaurat Hermann Behaghel entdeckte die gotische Kirche und verwandelte sie in eine neugotische Kirche. Die Kapelle erhielt einen Dachreiter und zwei gewaltige Seitenemporen, Decke und Wände wurden mit Pflanzenornamenten bemalt, die Wandmalereien in der Grabkapelle kräftig aufgefrischt. Alles ein Tick zu dunkel.

Renaissance-Wandmalereien aus dem Jahr 1606.

Weshalb man knapp hundert Jahre später die Efeuranken und Emporen verschwinden ließ und die Wände wieder hell tünchte. Bei den Aufräumarbeiten machten die Restauratoren eine sensationelle Entdeckung: An der Nordwand des Chores hing unbeachtet ein lebensgroßer gotischer Kruzifixus von ergreifender Schönheit.

Die Augen des Gekreuzigten sind schon fast gebrochen, dem leicht geöffneten Mund scheint ein letztes Stöhnen zu entweichen. Heute steht das Kreuz im Mittelpunkt des Chors direkt hinter dem Altar. Ein Meisterwerk aus Holz im Wunderland der Steine.

Kirchenfakten
Name: Jakobskirche
Adresse: Torgasse 1, 74740 Adelsheim
Konfession: evangelisch
Baujahr: 1489
Baustil: Gotik
Kunstschätze:
– 61 Grabmale und Epitaphien
– Gotisches Kruzifix um 1500
– Renaissancekanzel von 1650
– Sakramentshäuschen von 1494
– Chorgestühl von 1588
– Zunftmeisterstuhl mit Wappen der Handwerker
Öffnungszeiten: Nach Vereinbarung; Führungen nach Anmeldung bei der Stadt: 06291 / 620031
Kontakt: Evangelisches Pfarramt Adelsheim, Torgasse 12, 74740 Adelsheim
Telefon: 06291 – 1213
E-Mail: adelsheim@kbz.ekiba.de
Internet: www. adelsheim-boxberg.de/html/ content/adelsheim.html

2 Gedanken zu „Adelsheim: Im Wunderland der Steine

  1. Es ist sehr interessant, dass selbst Grabsteine Elemente verschiedener Epochen wie die der Gotik aufweisen können. Dies ist auch vermutlich der Grund, weshalb es Personen gibt, die sich für verschiedene Grabsteingestaltungen begeistern. Vielleicht gewinnt man dadurch sogar die eine oder andere Vorstellung seiner Wünsche für den eigenen Grabstein.

  2. Die Grabsteine sehen auf jeden Fall besonders aus. Wenn Grabsteine in Form eines Reliefs auf der Wand bestehen muss man sich auch nicht so sehr um deren Kippsicherheit kümmern. Ansonsten ist die Kippsicherheit von Grabsteinen enorm wichtig.

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