Waibstadt: Dom zwischen Hügeln

Der höchste Kirchturm im
Rhein-Neckar-Kreis
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Der Kraichgau ist eine gelassene Landschaft. In sanften Wellen folgt Hügel auf Hügel. Einzig die bizarren Silhouetten alter Birnbäume durchbrechen das meditative Auf und Ab der Felder. Doch halt. Was ist das?

Wie eine Rakete schießt ein spitzer Kirchturm aus rotem Sandstein hinauf zu den Wolken. Ihm folgt ein neugotisches Gotteshaus, riesig, gertenschlank und elegant: Mariä Himmelfahrt in Waibstadt.

Seit genau 150 Jahren markiert der „Dom des Kraichgaus“ die einzige Stadt in der Kurpfalz, der es gelungen ist, sich der Reformation zu widersetzen. Obwohl der Kurfürst den Glaubenswechsel ausdrücklich befohlen hatte.

Eine katholische Insel mitten in der calvinistischen Kurpfalz.

Die neugotische Basilika imitiert
das Freiburger Münster
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Dass Religion Privatsache ist, ist eine Idee der Neuzeit. Im Mittelalter mussten die Menschen glauben, woran ihr Landesherr glaubte. 1609 regierte in der Kurpfalz Friedrich IV., ein überzeugter Calvinist. Kein Kirchenschmuck nirgends. Nur Waibstadt bildete eine katholische Insel, weil es dem Speyerer Fürstbischof unterstand.

Dummerweise verschuldete sich der Bischof bis über beide Ohren, worauf die kurfürstlichen Truppen Waibstadt annektierten. Die Kirche wurde ausgeräumt, ein reformierter Prediger installiert, das Insel-Problem war gelöst. Dachte Friedrich.

Waibstadt dachte anders. Niemand besuchte die protestantischen Gottesdienste. Niemand ließ sein Kind taufen. Niemand einen Verstorbenen kirchlich beerdigen. Im Kirchenbuch nur leere Seiten. Jahrelang. Dann endlich 1615 durfte Waibstadt zu Speyer zurückkehren. Außer sich vor Freude gelobten die Waibstädter, der Gottesmutter eine große Kirche zu bauen. Es sollten mehr als 200 Jahre vergehen, bis sie fertig war.

Brände und Unwetter verheerten die Stadt, ein unfähiger Architekt lieferte Mangelware.

Federleicht schwingt sich das
Mittelschiff hinauf zum Gewölbe
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Kriege, Brände und Unwetter verheerten Waibstadt, ein unfähiger Architekt lieferte Mangelware, erst im August 1868 stand sie endlich, die Traumkirche. Mittendrin und alles überragend. „Unserer Lieben Frau – Mariä Himmelfahrt“ ist eine dreischiffige, neugotische Basilika mit 65 Meter hohem Turm.

Es ist der höchste Kirchturm im Rhein-Neckar-Kreis. 59.500 Gulden hat die Kirche gekostet, heute wären das etwa 940.000 Euro. Viel Geld. Aber dafür gibt es am Ufer des Schwarzbachs jetzt eine neugotische Kopie des Freiburger Münsters.

Phantastische Fenster
von Valentin Feuerstein
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Federleicht schwingt sich das Mittelschiff hinauf zum Kreuzrippengewölbe. Die Sandsteinsäulen zieren Porträts aller zwölf Apostel. Weiße Wände reflektieren das Licht, das durch hohe spitze Fenster strömt. Die Bänke fassen 600 Gläubige.

Der Altar steht umhüllt von farbigem Licht.

Wie alle neugotischen Gotteshäuser strebt auch Mariä Himmelfahrt nach vorn zum Chor. Früher stand hier ein Hochaltar, 1966 wurde er durch einen modernen Steinaltar ersetzt. Er steht umhüllt von farbigem Licht, das durch phantastische Künstlerfenster fällt, die Valentin Feuerstein geschaffen hat.

Waibstadt ist die katholische Insel im Kraichgau geblieben. Voll von Feldkreuzen und Kapellchen. Immerhin gibt es inzwischen auch hier eine evangelische Kirche. Sie ist allerdings sehr klein. Wenn in Waibstadt Konfirmation gefeiert wird, zieht die Gemeinde um. Nach Mariä Himmelfahrt. Im Kraichgau sieht man das gelassen.

Kirchenfakten
Name: Unserer Lieben Frau – Mariä Himmelfahrt
Adresse: Hauptstraße 40, 74915 Waibstadt
Konfession: katholisch
Baujahr: 1868
Baustil: Neugotik
Kunstschätze:
– Drei hohe moderne Chorfenster von Valentin Feuerstein
– Neugotische Holzskulpturen aller 12 Apostel mit ihren Symbolen
– Geschnitzter Christuskorpus vom ursprünglichen Hochaltar
– Moderner Tabernakel von Valentin Feuerstein
– Holzgeschnitzte Kanzel mit Schalldeckel
Öffnungszeiten: Tagsüber geöffnet
Kontakt: Katholische Pfarramt Mariä Himmelfahrt, Pfarrstraße 3,
74915 Waibstadt
Telefon: 07263 / 40921 – 0
E-Mail: info@se-waibstadt.de
Internet: www.se-waibstadt.de

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