Heidelberg: Das Kloster am Rande der Stadt

Die Benediktiner-Abtei Neuburg im Frühling: Die Kirche datiert um 1330.

Erst sieht man nur die Farben. Wie lebendige Wesen tanzen sie über die Wänden und lassen das alte Goldkreuz hinter dem Altar funkeln. Pink, türkis, grün. Jeder Sonnenstrahl erzeugt ein neues Bild, jeder Augenblick eine neue Stimmung.

Das bunte Licht ist der einzige Schmuck in der stillen Klosterkirche der Heidelberger Abtei Neuburg. Keine Madonna und kein Kreuzweg lenken ab von Gott. So wie es die Regel des Heiligen Benedikt verlangt, nach der die Mönche im Stift Neuburg leben. Seit fast 900 Jahren.

Ritter Anshelm hat das Kloster gestiftet. In traumhafter Lage über den Neckartal.

Das bunte Licht der modernen Fenster ist der einzige Schmuck der Klosterkirche.

Kloster Neuburg war schon da, bevor Heidelberg gegründet wurde. Ein Ritter namens Anshelm hat die „cella Niwenburg“ 1130 gestiftet, in traumhafter Lage über dem Neckartal. Doch das Benediktinerkloster wollte nicht gedeihen. 1195 wandelte man Neuburg um in einen Frauenkonvent, der sich um 1300 der Zisterzienserabtei Schönau anschloss.

Aus dieser Zeit stammt die Kirche. St. Bartholomäus ist eine gotische Nonnenkirche im schmucklosen Stil der Zisterzienser. Zur Blüte brachten auch die Nonnen das Kloster nicht, aber immerhin hielten sie durch bis 1562. Dann öffnete die Äbtissin selbst dem Calvinismus die Tore. Das Kloster ward.

Hundert Jahre später lag die Kurpfalz am Boden, verheert vom Dreißigjährigen Krieg. Kurfürst Karl Ludwig mühte sich um den Wiederaufbau und sein Privatleben. 13 illegitime Kinder hatte der Herrscher mit der attraktiven Luise von Degenfeld. Die Söhne schickte er zum Militär, für die Töchter wurde Kloster Neuburg umgebaut. Das evangelische „Stift für adlige Fräulein“ existierte nur neun Jahre. Der Name ist geblieben.

Erst um das Jahr 2000 verschwand
die blickdichte Klostermauer.

Bis heute glauben viele Menschen, dass es im Stift Neuburg spukt

1825 verwandelte der Advokat Johann Friedrich Schlosser das Kloster in einen Treffpunkt für Goethe-Verehrer. Sein Erbe Alexander von Bernus führte tags den literarischen Salon fort, nachts beschwor er Geister. Bis heute glauben viele Menschen, dass es in Neuburg spukt. 1926 war der Alchimist bankrott und verkaufte das Stift an die Erzabtei Beuron. Der Gregorianische Gesang war zurück in der alten Klosterkirche.

In den 1960er Jahre blühte die Abtei Neuburg. 38 Benediktiner lebten hinter hohen Klostermauern. Die Brüder versorgten sich selbst. Es gab Kühe und Forellen, eine Schreinerei und eine weltberühmte Efeuzucht. Heidelbergs Katholiken hatten nur am Sonntag Zutritt zur Klosterkirche. Das Konventamt war so voll, dass die Mönche Eintrittskarten ausgaben. 1959 wurde der Altarraum um acht Meter verlängert. Der Glaskünstler Valentin Feuerstein schuf fünf moderne, kleinteilige Chorfenster als Homage an die Gotik.

In der Johanneskapelle
steht eine gotische Madonna.

In der Kapelle gibt es nur Kerzen. Als seien 900 Jahre vergangen wie eine Stunde.

Um die Jahrtausendwende öffnete sich Kloster Neuburg in die Welt. Die Mauer fiel, die dunkle Pforte wich einem hellen Empfang, Gästehaus und Refektorium stehen heute auch Frauen offen. In der Klosterkirche beten die zehn Mönche und die Gemeinde vereint. Nur nebenan in der uralten Johanneskapelle, die Gregor dem Großen und einer bezaubernden gotischen Madonna gehört, ist die Zeit stehengeblieben. Licht gibt es nicht, nur Kerzen. Als seien 900 Jahre vergangen wie eine Stunde.

Kirchenfakten
Name: Klosterkirche St. Bartholomäus
Adresse: Stiftweg 2, 69118 Heidelberg
Konfession: katholisch
Baujahr: 1303 / 1672 / 2011
Baustil: Gotik / Barock
Kunstschätze:
– Figur von Papst Gregor dem Großen aus dem 13. Jahrhundert
– Statue des Heiligen Benedikt von Klaus Ringwald von 1979
– gotische Madonna aus dem 15. Jahrhundert
– moderne Künstlerfenster von Maria Theresia von Fürstenberg
– Chorfenster von Valentin Feuerstein (1960)
– modernes Weihwasserbecken mit frischem Quellwasser
– Marienstatue von 1747
– gotische Grabplatten in der Kirche und im Park
Öffnungszeiten: tagsüber geöffnet
Kontakt: Abtei Neuburg, Stiftweg 2, 69118 Heidelberg
Telefon: 0 62 21 – 89 5-0
E-Mail: kloster@stift-neuburg.de
Internet: www.stift-neuburg.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*