Hirschhorn: Das Himmelreich der Ritter

Perfekter Dreiklang:
Schloss, Klosterkirche, Neckar

Es gibt Tage, da raubt einem Hirschhorns Romantik den Atem. Hoch oben auf einem Felssporn thront das Zauberschloss der Ritter, jene einzigartige Melange aus Renaissancepalast und mittelalterlicher Trutzburg.

Tief unten strömt der Neckar, gesäumt von der uralten Stadtmauer und Fachwerkhäuschen. Den Mittelpunkt des idyllischen Gemäldes bildet das Kirchlein des Karmeliterklosters. Eine gotische Schönheit, schüchtern an die Felswand geschmiegt. Lediglich der exakt geostete Chor spitzelt hinaus in die Welt. Ein Abstecher zum südlichsten Zipfel des Bistums Mainz, wo einst die reichsten Ritter des Odenwalds lebten.

Die Karmeliterkirche ist
eine gotische Schönheit

Mit dem Verkauf von Eichenstämmen gelangten die Ritter von Hirschhorn zu sagenhaftem Reichtum


Niemand weiß, woher die Freiherrn von Hirschhorn stammen. Wie aus dem Nichts taucht 1270 plötzlich ein Johann von Hirschhorn auf. Er begründet die sagenhaft reiche Dynastie. Die Hirschhorner lebten vom Wald. Genauer gesagt von den hohen Eichen, die im Neckartal gediehen.

Flößer beförderten die Prachtstämme nach ganz Europa. Den Gewinn gaben die Hirschhorner jedoch nicht aus, sondern sie borgten das Geld den notorisch verschuldeten Heidelberger Pfalzgrafen. Im Gegenzug erhielt Hirschhorn kurfürstliche Dörfer als Lehen. Engelhard I., Johanns Enkel, herrschte schon über ein Gebiet, das von Neckarbischofsheim bis Bensheim und Neustadt reichte.

Der Altar stand einst
in der Ersheimer Kapelle

Unter Ritter Hans V. wurde Hirschhorn 1391 zur Stadt erhoben. Neun Jahre später stiftete der Freiherr das Karmelitenkloster zu Füßen der Burg. Es sollte die Grablege sein für seine Dynastie und der Garant für sein eigenes Seelenheil. Das Mittelalters war fest davon überzeugt, dass man sich mit Spenden das Himmelreich erkaufen konnte. Die Prachtepitaphen der Ritter zieren noch heute die Klosterkirche.

Neun Altäre zierten einst die Klosterkirche. Sie sind alle verschwunden.

Zwölf Karmelitenmönche besiedelten das neue Kloster, dessen Kirche ist der Muttergottes anempfohlen ist: „Mariä Verkündigung“. Karmeliten waren ursprünglich Einsiedler, die auf dem Berg Karmel in Palästina lebten. Nach ihrer Vertreibung aus dem Heiligen Land wandten sich die Mönche der Wissenschaft zu. Bis ins 18. Jahrhundert hinein schickten die Hirschhorner ihre Kinder im Kloster zur Schule.

Eine absolute Rarität:
Der mittelalterliche Lettner

Neun Altäre zierten einst die Klosterkirche. Sie sind alle verschwunden. Der spätgotische Altar, den man heute im Kirchlein bewundern kann, stammt aus der Ersheimer Kapelle jenseits des Neckars. Ein gewaltiger Lettner aus Stein trennte ursprünglich den Gebetsbereich der Mönche ab. Diesen Lettner gibt es noch. Eine absolute Rarität. Die erklärten Lieblinge der Hirschhorner Bevölkerung waren die Heiligen, die als raumhohe Fresken das Kirchenschiff schmücken. An einem Tag, an dem man den Christophorus gesehen hat, so die Fama, ist man vor dem Tod geschützt.

Wie durch ein Wunder kehrten die Karmeliten im September 2009 zurück

1526 war’s vorbei mit den Heiligen. Ritter Engelhard III. führte die lutherischen Reformation ein. Die Mönche wurden verjagt, die katholischen Messen verboten. Bis 1632 mit Friedrich III. das Geschlecht der Hirschhorner ausstarb.

Der Blick die Decke mit dem
Wappen Hans von Hirschhorns

Die Stadt fiel an den Erzbischof von Mainz, der Hirschhorn flugs zwangsrekatholisierte. Die gesamte Bevölkerung wurde aufgefordert, sich zur Beichte und zum Empfang der Kommunion im Kloster einzufinden. Wer in „Halsstarrigkeit verharrte“, musste die Stadt verlassen. Erst 1899 gab es in Hirschhorn wieder eine evangelische Kirche.

Aber kein Karmeliterkloster mehr. Das war 1803 von der Säkularisierung aufgehoben worden. Doch wie durch ein Wunder kehrten die Karmeliten im September 2009 nach Hirschhorn zurück. Die Mönche stammen aus der südindischen Provinz Kerala. Der Konvent wächst. Inzwischen sind die Patres schon zu fünft.

Kirchenfakten
Name: Klosterkirche Mariä Verkündigung
Adresse: Klostergasse 22-26, 69434 Hirschhorn
Konfession: katholisch
Baujahr: 1406
Baustil: Gotik
Kunstschätze:
– Fresken aus dem frühen 15. Jahrhundert
– Epitaphien und Grabsteine der Ritter von Hirschhorn
– Spätgotische Kreuzigungsgruppe an der Außenwand
– Gotischer Lettner, heute Orgelempore
– Holzfigur der Anna Selbdritt von 1514
– Schöne Sandsteinkanzel von 1618
– Gotische Muttergottes am Hochaltar um 1510
– Reste eines barocken Hochaltars um 1765
Öffnungszeiten: Ab Ostern täglich 11-18 Uhr
Kontakt: Katholische Kirchengemeinde Neckartal, Klostergasse 26, 69434 Hirschhorn
Telefon: 06272 – 2234
E-Mail: Kath.Kirche-Neckartal@t-online.de
Internet: www.bistummainz.de/pfarrei/neckartal

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